Vernetzte Fertigung für Kunden realisieren
Der Startschuss fällt in Bad Wörishofen im MicroStep CompetenceCenter: Bei dem Fachkongress „Fertigung 4.0 – Industrie 4.0 in der Blechbearbeitung“, der vom 28. bis 30. September stattfindet, heißt es: Vernetzen, Standards setzen, Vorreiterrolle einnehmen. Hochkarätige Referenten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden und der Politik vermitteln das Thema für den Mittelstand praxisnah – wie bereits berichtet sollen in einer bereits gegründeten und noch wachsenden Initiative kleiner und mittelständischer Unternehmen künftig die Potentiale der intelligenten Fabrik gehoben werden. Im Gespräch schildert Igor Mikulina, Geschäftsführer des Netzwerk-Mitbegründers MicroStep Europa, welche Vorteile er sich von der Zusammenarbeit der Firmen und von Industrie 4.0 verspricht.
Warum engagiert sich MicroStep in einer neuen Herstellerinitiative, die das Thema Industrie 4.0 in der Blechbearbeitung vorantreiben will?
Igor Mikulina: Aus der Sicht von MicroStep geht es letztlich immer um eins: Wie können wir einen greifbaren Mehrwert für unsere Kunden schaffen? Beim Thema Industrie 4.0 sind wir zügig zu dem Ergebnis gekommen, dass die größten Potentiale im Bereich der vernetzten Fertigung zu heben sind. Und so eine Fertigung besteht nun mal nicht aus den Maschinen und Anlagen eines einzigen Herstellers – wenn ich hier zu Lösungen kommen will, die unseren Kunden effizienteres Produzieren erlauben, dann muss ich zunächst die verschiedenen Hersteller untereinander vernetzen und ein belastbares Kooperationsmodell entwickeln.
Mikulina: Der breiten Öffentlichkeit wird die Herstellerinitiative beim Fachkongress Fertigung 4.0 Ende September in Bad Wörishofen vorgestellt – dann werden auch die Gründungsmitglieder kommuniziert. Generell gilt: Der Verein ist aber offen für jedes innovative Unternehmen, das auf Augenhöhe in Kooperation Mehrwerte für seine Kunden schaffen will.
Denn gemeinsam wollen wir das große Potential einer vernetzten Fertigung im Sinne der Anwender künftig erschließen. Im Kern geht es darum, einen verbindlichen und operationalisierbaren Standard für eine vernetzte Fertigung 4.0 zu definieren, der für Kooperationsprojekte eine belastbare Grundlage bietet.
Von welchen Potentialen sprechen wir da in Bezug auf Industrie 4.0? Können Sie ein Beispiel geben?
Mikulina: Die digitale Fabrik wird auch im Bereich der Blechbearbeitung künftig weitaus effektivere und flexiblere Lösungen ermöglichen: Zusammen mit unseren Partnern gehen wir beispielsweise davon aus, dass wir bei bestimmten Mehrwertfeldern wie Maintenance und Energie- bzw. Ressourceneffizienz schnell zu lohnenden Ergebnissen für unsere Kunden kommen.
Nehmen wir nur mal das Beispiel Wartung: Aktuell habe ich als Betreiber einer Fertigung dutzende Geräte, Maschinen und Anlagen im Einsatz. Will ich eine maximale Maschinenverfügbarkeit sowie die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsstandards gewährleisten, muss ich diese regelmäßig warten. Bei dem Thema muss ich in der Summe also allerhand Verwaltungsaufwand in Kauf nehmen – von jeder Anlage benötige ich Daten zur Laufzeit und zum jeweils vom Hersteller empfohlenen Wartungsintervall. Diese Daten muss ich abgleichen und dann im Anschluss Termine mit den für die Wartung verantwortlichen Unternehmen vereinbaren. Diesen immensen Verwaltungsaufwand können wir Maschinen- und Anlagenbauer minimieren, indem wir unsere Anlagen vernetzen. Künftig melden Anlagen in einer vernetzten Produktion automatisch, wann sie eine Wartung benötigen. Dann wird im Dialog mit einem Produktionsmanagementsystem beispielsweise abgeglichen, zu welchem Zeitfenster diese Wartung in Hinblick auf die abzuarbeitenden Aufträge am günstigsten durchgeführt werden kann. Besteht dann noch ein Rahmenvertrag mit dem die Wartung durchführenden Unternehmen, können Termine für die Wartung automatisiert vereinbart werden. Im Ergebnis bekomme ich als Betreiber der Fertigung nach Erledigung des Auftrags unter Umständen dann lediglich noch eine entsprechende Statusinfo. Sprich: Bei deutlich geringeren Transaktionskosten erhalte ich eine maximale Maschinenverfügbarkeit und erfülle alle gesetzlichen Vorschriften.
Sie sprechen von der Entwicklung eines operationalisierbaren Standards – was genau kann man darunter verstehen?
Mikulina: Es geht nicht darum, das Rad neu zu erfinden. Es gibt bereits bestehende Standards für die vernetzte Fertigung, auf die wir im Netzwerk zurückgreifen wollen – beispielsweise OPC UA. Entlang konkreter Mehrwertfelder wollen wir für solch einen Standard herstellerübergreifende Implementierungsguidlines aufstellen und damit eine grundlegende Voraussetzung für eine vernetzte Fertigung erfüllen. Vernetzte Fertigung wäre theoretisch auch ohne solch einen verbindlichen Standard möglich: Man kann heutzutage nahezu jede CNC-Anlage vernetzen – allerdings ist der Aufwand nicht selten erheblich. Ein Standard erlaubt jedoch skalierbare Lösungen: Der Aufwand für eine herstellerübergreifende Vernetzung würde signifikant sinken.
Wie weit ist die Branche beim Thema Industrie 4.0 aus Ihrer Sicht?
Mikulina: Aktuell haben wir die Situation, dass sich die meisten Hersteller mit dem Thema zwar befassen, aber noch keine konkreten Schlüsse für ihre eigenen F&E-Bereiche gezogen haben. Und falls erste Umsetzungen ins Auge gefasst werden, beschränkt sich der geschaffene Mehrwert meist auf die eigene Produktwelt. Wenn der Betreiber im Ergebnis dann aber zu jeder in seiner Fertigung eingesetzten Anlage eine eigene APP zur Verfügung gestellt bekommt, senkt dies beispielsweise seinen Verwaltungsaufwand beim Thema Wartungen nur minimal. Für uns war daher klar, dass die großen Potentiale einer vernetzten Fertigung nur in Kooperation mit möglichst vielen anderen Herstellern gehoben werden können.